Der Nase–Kinn–Anker
Der Bogenschütze hat seine körperliche Ausrichtung (den set up) korrekt ausgeführt und zieht die Sehne nun bis hin in den Vollauszug. Die Zughand wird jetzt so gleichmäßig nach hinten gezogen, dass diese einen direkten Weg zum Nasen–Kinn–Anker findet. Hierbei legt der Bogenschütze seinen Zeigefinger direkt unter den Kieferknochen des Kopfes und legt seine Zughand eng an den Hals. Die Sehne liegt nun in der Mitte des Kinns und die Nasenspitze wird auf der Sehne positioniert.
In diesem Stadium des Bogenschießens möchte ich nochmals ausdrücklich darauf hinweisen, dass sich die Positionierung der Finger an der Sehne nicht ändern darf. Der Ellbogen der Zughand sollte genau in Parallelstellung zum Bogenarm stehen. Dieses bietet die Voraussetzung, dass die Vorbereitung zur Abgabe eines Schusses bis zu diesem Zeitpunkt, aus biomechanischer Sicht korrekt ausgeführt wurde.
Der Nasen–Kinn–Anker mit Kopfschräglage
Der Bogenschütze kommt zwar mit dem Vollauszug unter das Kinn, aber die Nasenspitze berührt nicht die Sehne. Nun neigt der Bogenschütze seinen Kopf leicht zur Seite und nach vorne, bis ein Kontakt zwischen Nasenspitze und Sehne entsteht.
Der Seitenanker
Bogenschützen, die aus verschiedenen Gründen nicht mit den oben beschriebenen Ankerarten zurechtkommen, wählen dann den Seitenanker. Der Auszug erfolgt wie beim Nasen–Kinn–Anker, doch wird die Sehne rechts (für Linksschützen links) an der Nasenspitze vorbeigezogen. Die Sehne liegt nun nicht in der Mitte des Kinns, sondern wird ebenfalls rechts an der Kinnseite vorbeigezogen und findet dort ihren Platz.
Der Nackenanker
Aufgrund des relativ schwierigen Bewegungsablaufs (viel Kopfbewegung), wird der Nackenanker nur von sehr wenigen Bogenschützen genutzt. Er ist aber auf Grund der festen Lage unter dem Kinn und am Hals eine wirkliche gute und vor allem stabile Alternative. Ringzahlen über 1300 Ringen beweisen diesen Sachverhalt nachdrücklich.
Für den Bogenschützen ist es sicherlich die schwierigste Art, in einen stabilen Anker zu kommen. Darum rate ich davon ab, dieses Element gleich bei einem Anfänger zum Einsatz zu bringen. Zu einem späteren Zeitpunkt der Ausbildung kann diese Art des Ankers eine gute und erfolgversprechende Alternative sein.
Der Bogenschütze geht wie oben beschrieben in den Vollauszug, neigt seinen Kopf leicht nach links (Linkshandschützen bitte nach rechts), hebt/streckt den Daumen der Zughand nach oben. Dann führt er die Sehne rechts (bis ca. auf Kopfmitte) am Kopf vorbei und platziert den ausgestreckten Daumen direkt auf der Nackenmuskulatur. Danach geht die Zughand des Bogenschützen wieder leicht nach vorne, wobei nun die Hand wieder unter dem Kieferknochen positioniert wird und der Kopf wieder eine senkrechte Stellung einnimmt. Die Sehne liegt entweder direkt in Kinnmitte, oder wird als Seitenanker am Kinn positioniert. Nun ist eine stabile Ausrichtung des Ankers erreicht.
Es ermöglicht dem Bogenschützen jetzt, die Sehne entspannt, aber explosiv zu lösen. In diesem Zusammenhang soll ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass der entstehende Druck des Daumens in der Nackenmuskulatur auf keinen Fall zum „abklemmen/unterbrechen“ der Durchblutung führen darf!
Egal, für welchen Anker sich er Bogenschütze in Abstimmung mit seinem Trainer entschieden hat gilt, dass der Ellbogen der ziehenden Hand (Zughand) in einer Linie mit dem Pfeil sein muss. Optimal ist es, wenn der Ellbogen sogar etwas hinter der gedachten Linie wäre, aber auf keinen Fall davor. Eine leichte Höhenabweichung von 1 bis 2 Zentimeter ist noch als akzeptabel zu bezeichnen. Sollte der Ellbogen über die tolerierte Höhe in Position gebracht werden, wird es für den Bogenschützen äußerst schwierig, seine benötigte Muskulatur richtig zu aktivieren.
Fängt der Bogenschütze mit dem Auszug des Bogens an, muss die Zughand unverändert auf der Sehne liegen bleiben. Hierbei darf es zu keinem Verdrehen der Zughand kommen. Dann wird die Zughand fest unter dem Kieferknochen platziert (Knochen liegt auf Knochen). Diese Haltung gewährleistet eine konstante Nock – zu – Auge – Position.
Verändert der Bogenschütze diesen festen Kontakt (meist unbewusst), so ergeben sich daraus eine Vielzahl von Fehlern. Wird ein Anker-Tab benutzt, so muss der Bogenschütze sicherstellen, dass die Oberseite der Zughand (Zeigefinger) trotzdem den vollen Kontakt zum Kieferknochen hat. Es ist häufig zu beobachten, dass Bogenschützen, die so einen Anker-Tab verwenden, nur die Auflagefläche des Tabs unter den Kieferknochen bringen. Dieses führt dann zu vielen Unregelmäßigkeiten während des Schusses, da die seitlichen Abweichungen nicht zu kontrollieren sind.
Als letzten Hinweis hierzu noch folgendes:
Jedes Drehen der Zughand während des Auszuges bzw. am Gesicht des Bogenschützen, oder das Anheben des Ellbogens des Zugarmes, verändert den Druck auf der Sehne! Nur eine starke Verbindung der Sehne am Kinn mit konstant festem Druck am Kieferknochen sorgt letztendlich für einen sauberen Schuss!
Dieser Artikel erschien zuerst auf www.deutscher-bogensportverlag.de.
Text: © Bert Mehlhaff
Martina Berg ist Chefin von Bogensport Deutschland. Sie schießt intuitiv mit einem Hybridbogen, ist DFBV-Trainerin und Lippische Meisterin mit dem traditionellen Bogen. Als engagierte Händlerin kennt sie sich auch mit Compound- und Recurvebögen aus. Zusammen mit Bert Mehlhaff schreibt sie Bücher für Bogenschützen.